Windige Theorien

Es gibt Momente in der Nachtwache, da entzünden sich die Gemüter. Etwa an der Frage: Was ist der beste Kurs, um gegen Wind und Strom zu kreuzen? (Annahme: homogene Strömung, Wellen vernachlässigbar.)

Nach einigen Stunden Diskussion haben sich hier zwei Lager gebildet, die eine der folgenden Thesen vertreten:

A) Man fährt etwas spitzer als den Idealkurs nach Luv, kneift also etwas Höhe. (Idealkurs bezeichnet denjenigen Amwindkurs, bei dem im strömungsfreien Fall maximale Fahrt nach Luv gemacht wird.)

B) Man fährt auch gegen den Strom den gleichen Kurs zum Wind, wie es im strömungsfreien Wasser wäre.

C) Man wählt einen etwas tieferen Kurs, als der Idealkurs.

Wir möchten an dieser Stelle unsere Leser aufrufen, sich mittels der Kommentarfunktion an der Diskussion zu beteiligen. Für die beste Erklärung der richtigen Antwort ist ein Preis bei der Welcome-Party ausgeschrieben!

Gruß vom Peter (gegen 2 kn Strom kreuzend), 40 Meilen vor den BVI.

12 Gedanken zu „Windige Theorien

  1. Wenn ich richtig verstanden habe, segeln wir in diesem Szenario genau gegen
    Wind und Strom.

    Ich denke, dass die Strömung in diesem Fall keine Rolle bei der Wahl des Kurses
    spielt: sie zieht einfach einen konstanten Betrag von der Fahrt nach Luv ab. Möchte man so früh wie möglich am Ziel ankommen, so wählt man den Idealkurs, der per Definition die maximale Geschwindigkeit nach Luv erzeugt.

    Man kann auch die Bewegung des Bootes relativ zur Wassermasse betrachten: dann ist das erreichen des Zieles äquivalent zu einem Wettrennen in ruhigen Gewässern gegen ein Zielboot, das sich mit der ursprünglichen Strömungsgeschwindigkeit nach Luv fortbewegt. Auch da ist es klar, dass unser Boot am besten den Idealkurs segeln soll.

  2. Ich würde mich da Juan anschließen.

    Idealkurs ohne Strom = maximale VMG (nennen wir die mal VMG1)
    Idealkurs und 2kn Gegenstrom = VMG1 – 2kn = VMG2

    Wenn wir am Idealkurs etwas ändern, nämlich entweder kneifen oder zu weit abfallen, wird die VMG1 schlechter. Dass dann auch VMG2 schlechter wird, weil immer gilt VMG1 – Gegenstrom = VMG2, ist ja klar. Also: Auch bei Gegenstrom immer Idealkurs fahren!

    P.S.: Zustimmung an Owe, bei Welle lieber tiefer fahren. Würde man höher fahren, würde sich ja nicht nur die VMG gegenüber der Ideal-VMG verringern, sondern das Schiff würde auch noch härter in die Wellen einstampfen und damit Fahrt verlieren. Der Ansatz A wäre somit doppelt kontraproduktiv. Lässt man die Welle außer Acht, siehe Erklärung oben.

  3. Die Erfahrung der relativ windigen und welligen Langstrecke bei der Kieler Woche letztes Jahr hat gezeigt, dass wir zwar die beste Höhe im Feld gefahren sind, aber dennoch relativ weit hinten im Feld vergleichbarer Boote herausgekommen sind. Insofern würde ich bei Welle eher etwas tiefer fahren, um die Geschwindigkeit hoch zu halten.

  4. Ich hab da mal ne Skizze gemacht: http://dl.dropboxusercontent.com/u/3913608/Polare.png

    Ohne Strom gilt ganz normal die Geschwindikeitspolare, die die Fahrt durchs Wasser in Abhängigkeit vom Kurs zum Wind darstellt (schwarzes Koordinatensystem). Zu den roten Punkten in der Skizze führt der Idealkurs, auf dem man fährt, weil er am schnellsten nach Luv führt.
    Jetzt kommt dieser heimtückische Strom dazu; die Fahrt über Grund ist nicht mehr gleich der Fahrt durchs Wasser, sondern ergibt sich aus dem Stromdreieck. Das Schiff hat vermutlich noch die gleichen Segeleigenschaften, also bliebt die Polare gleich. Nur der Ursprung des Koordinatensystems verschiebt sich (gegen den Stromvektor zum blauen Koordinatensystem).
    Das Ziel sind immer noch dieselben beiden roten Punkte. Im allgemeinen Fall kommt der Strom nicht direkt von vorne, damit sind die beiden Büge (Punkte) nicht mehr gleichberechtigt, sondern es ergibt sich ein Hole- und ein Streckbug. Auch der Wendewinkel ist größer geworden.
    Nun zu meiner Antwort auf die Frage: Solange die Richtung, in die der Strom setzt, einigermaßen mit der des Windes übereinstimmt, bedeutet das sowohl für den BB-Bug als auch für den StB-Bug, dass das Ziel (unterschiedlich viel) tiefer liegt als auf dem Idealkurs ohne Strom.
    Was mit Welle los ist, weiß ich auch nicht.

    • Also, A, B oder C? 😉
      Wenn ich deine Ausführungen richtig deute, wird der Stromvektor ja beim Kreuzen nach jeder Wende an der Y-Achse gespiegelt, so dass sich der Effekt aufhebt. Oder?

      Andererseits: Ist das überhaupt richtig so? Es kommt mir komisch vor, dass der Stromvektor nach einer Seite auswandert und nicht senkrecht die Y-Achse hinab verläuft. Schließlich stellt die Y-Achse die Windrichtung dar, und in unserer Annahme kommen Wind und Strom aus derselben Richtung. Ich denke da morgen noch mal drüber nach…

      • Tiefer, also C.
        Gespiegelt wird da nix, der Strom und sein Vektor bleibt gleich, egal auf welchem Bug ich bin. Ich glaube bloß, dass man, wenn der Strom nicht direkt von vorne kommt, auf BB- und StB-Bug unterschiedlich viel tiefer fahren muss.

      • Das ist komisch, dass du deine Kommentare noch mal veränderst.
        Welche Antwort richtig ist, darüber streitet man sich ja auch an Bord. Ich hab nur da drüber nachgedacht, bin auf C gekommen, und hab eine Erklärung dafür geliefert. Bin übrigens auch sehr gespannt, wie entschieden wird, was „richtig“ ist…
        Den Strom habe ich ein bisschen von der Seite eingezeichnet, weil ich die Annahme, dass er genau aus der Windrichtung kommt, da nicht so explizit herausgelesen habe.

  5. Von früheren reisen her dachte ich im ASV gilt „mehr Speed durch höhere Geschwindigkeit“!

  6. Oh, sorry, meinen Kommentar hatte ich kurz nach dem Abschicken noch mal geändert weil ich dachte du liest ihn eh nicht so schnell… Aber ist OK, ich verstehe was du meinst, und so gesehen (Stromrichtung != Windrichtung != Zielrichtung) ist deine Idee schon besser nachvollziehbar. Auf die Lösung bin ich auch gespannt…

  7. Meines Erachtens ist B die schnellste Variante, also fahren mit wie ohne Strom.
    Vektor hin, Spiegelung her: Für B spricht eine relativ einfache aber zielführende Überlegung:
    Entscheidend für die Beeinträchtigung durch den Strom ist die Zeit, die das Schiff dem Strom ausgesetzt ist. Deshalb kreuzt man bei einem Winkel von sagen wir mal 150 Grad zum Wind auch gerne mal auf der Stelle, wie es so schön heißt, also ohne was zu Luv gut zu machen (PvD alt lässt grüßen). Warum? Weil das Schiff nicht aufhört, dem Strom ausgesetzt zu sein.
    Wenn das richtig ist, dann stimmt auch, dass der Einfluss des Stromes am geringsten ist, wenn ich optimal segele. Und das ist nun einmal, weder zu spitz zu fahren, noch zu voll, sondern möglichst schnell. Also wie im Fall, dass kein Strom herrscht.
    Die Zusatzüberlegung, wie im Falle höherer Wellen zu segeln sei, führt zu nichts anderem: Der Einfluss des Stoms ist am geringsten, wenn ich optimal segele und dadurch die Zeit, die das Schiff dem Strom ausgesetzt ist, möglichst kurz halte. Und das heißt bei Welle eben möglicherweise, ein wenig voller zu fahren, wie wir alle wissen. Auch hier gilt wiederum: Ich verhalte mich bei Strom gegenan genauso, als wenn kein Strom herrschte.
    (Unter der Annahme, dass die Fraktionen A, B und C gleich groß sind, spricht ja im Übrigen auch die Statistik für B als richtige Lösung, hihi.)

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