Im Moment streben sie alle nach oben. Es spielen sich wirklich seltsame Szenen ab, seit wir unser Minimeeresbiologisches Zentrum eingerichtet haben. Unsere Haustiere bewohnen eine mit Salzwasser gefüllte Wodkaflasche (wobei völlig ungeklärt bleibt wie auf den Peter nach über einem halben Jahr Karibik eine Wodkaflasche kommt), auf der steht: „Unser Norden – der reine Genuss“. Und in diese Flasche starren abwechselnd Crewmitglieder stumm und staunend. Jetzt zum Beispiel ist es halb sieben am Morgen und wir können schon sagen: Im Gegensatz zu gestern Abend, schwimmen die Medusen heute aufwärts. Warum sie das tun, davon haben wir keinen blassen Schimmer. Wir wissen nicht mal, wie wir sie ernähren sollen, haben uns aber darauf geeinigt, dass der Smut das machen soll.
Schuld ist die Badesession: Weit mehr als 1000 Meilen haben wir schon! Wir haben das Bermuda-Dreieck hinter uns gelassen, den weiten Nordatlantik nahezu überquert – mit viel Respekt vor 5000 Metern Wassertiefe und dem dauernden Bewusstsein, dass ein schwerer Sturm hier draußen furchtbar wäre. Doch nun lagen wir da. Der wilde Nordatlantik gebärdet sich wie ein Ententeich. Man darf das ja nicht sagen. So ein tiefes weites Wasser verdient immer den höchsten Respekt, Gedankenlosigkeit kann sich schnell rächen. Aber gestern – ernsthaft – es war wirklich wie ein Ententeich. Vorteil: Es ist DIE Gelegenheit zum Baden! Und ganz ehrlich: Je mehr bei 10 Männern an Bord gebadet wird, umso besser für die Nasen! Es besteht also eine Art Gruppenzwang. Man brauche gerade nicht zu baden, das überzeugt hier keinen. Manche standen also an Deck und zierten sich – wegen der Kälte – doch es wird Zeit, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Es sind eben die Temperaturen, die Europa zu bieten hat.
Martin war einer der ersten im Wasser und kurz darauf balancierte er eine Art Kontaktlinse auf dem Zeigefinger. Hat er beim Baden gefunden! ;-). (Was man eben so findet im Atlantik!) Der Glibberfund schien ihn voll zu faszinieren! Und es scheint nicht das einzige Wabbeldings an dieser Stelle zu sein: Er ist einfach mitten in einer Kinderstube gelandet. Minimedusen! Mann, sie die süss! Voll süss! Erstaunlich: Selbst kleine Quallen haben etwas kindlich Niedliches an sich.
Allerdings hat ihn wohl weniger der Elterninstinkt angetrieben, nach dem Bad eine Pütz nach der nächsten aus dem Meer zu heben und die kleinen Quallen da rauszusammeln. Einen halben bis vielleicht einen Zentimeter sind sie groß und wie gesagt: Anfangs sind sie alle nach unten geschwommen und heute Morgen nun schwimmen sie alle nach oben. Warum sie das tun, daran arbeiten wir. Fortschritte werden berichtet! Mit dem besten Gruß aus der MMBMMFS = mobilen Meeresbiologischen Minimedusen Forschungsstation!
von Antje für die PVD Crew